In ihrem Steamfantasy Roman „Drúdir“ lässt Swantje Niemann eine industrielle Revolution in einer traditionellen Welt der Fabelwesen und der Magie anbrechen. Heute erzählt sie uns von ihren ersten literarischen Schritten und ihren eigenen Rezensionen.
Herzlichen Glückwunsch, dein Roman „Drúdir“ wurde zum Monatsfavoriten im September gewählt. Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Es hat sich irgendwie natürlich ergeben. Ich war von klein auf eine begeisterte Leserin und schon früh von Sprache fasziniert – in der Grundschule habe ich angefangen, Gedichte zu schreiben und den Ehrgeiz entwickelt, bei Pyjama-Partys die üblichen Gruselgeschichten besser und eindrucksvoller zu erzählen
als alle anderen. Eine Freundin hat mir einmal erzählt, dass sie anschließend Albträume hatte.
Ich wollte aber auch von meinen eigenen Welten und Figuren erzählen. Mit dreizehn habe ich eine einzelne Szene aufgeschrieben – und war selbst überrascht, als ich darauf aufbauend weitergeschrieben habe, bis plötzlich mein erster Roman fertig war. Der war, wie eigentlich zu erwarten, mehr oder weniger schlechte Fanfiction zu den Büchern, die mich damals beindruckt haben.
Aber ich habe dann zwei weitere Bücher geschrieben und dabei meine Stimme gefunden. Durch Versuch, Irrtum und systematische Beschäftigung mit dem Schreiben habe ich gelernt, was gut funktioniert und was nicht. Mit „Drúdir“ habe ich meinen vierten Roman geschrieben – und den ersten, den ich selbstbewusst der Öffentlichkeit präsentieren kann.
Würdest du dein literarisches Schreiben als ein „Was wäre, wenn“-Spiel bezeichnen?
Es wäre nicht die erste Bezeichnung, die mir einfiele, aber sie funktioniert ganz gut. Am Anfang jeder Geschichte stehen für mich die Figuren, aber auch skizzenhafte Ideen von Schauplätzen und Konflikten. Ich jongliere mit diesen Ideen, schiebe sie hin und her und überlege, welche Resultate dabei herauskommen, wenn ich sie kombiniere.
Wobei… die Grundidee von „Drúdir“ kann man durchaus als ein Was-wäre-wenn-Experiment bezeichnen: Was wäre, wenn in einer Fantasywelt in der Tradition Tolkiens eine industrielle Revolution stattfände? Wie könnten Magie und Technologie koexistieren? Wäre eine tendenziell eher statische Kultur wie die der langlebigen Elfen Cirdayas in der Lage, mit dieser rasanten Transformation des Kontinents umzugehen?
Was macht für dich den Reiz einer Kollision aus alter und neuer Welt aus?
Die Kollision zweier Welten ist immer interessant, weil sie das Potential zu großen Konflikten, aber auch zu großer gegenseitiger Bereicherung hat. In „Drúdir“ lasse ich gleich mehrfach Welten aufeinander prallen: Tradition vs. Moderne, Wissenschaft vs. Magie/Mythos, etc… und gleichzeitig wird deutlich, dass sich diese Welten nicht als Gegensätze gegenüberstehen, sondern vielfach vermischen und beeinflussen. Ich finde Zeiten des Übergangs, wie die, in der „Drúdir“ spielt, absolut faszinierend. Tatsächlich geht es den Zwergen und Elfen, Menschen und Gnomen auf dem fiktiven Kontinent Kiarva mit seiner fiktiven industriellen Revolution genau wie uns im Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung: Sie erleben technologische Neuerungen, die ihre Art zu leben und zu arbeiten radikal verändern.
Haben dich die zahlreichen Rezensionen, die du auf deinem Blog bereits veröffentlicht hast, in deinem eigenen Schreiben weitergebracht? Würdest du dies anderen Autoren empfehlen?
Auf jeden Fall würde ich jeder Person, die selbst schreiben möchte, empfehlen, viel zu lesen! Mir hat das Schreiben auf Cygnus Reviews geholfen, für mich klarer zu benennen, woran es liegt, dass mir ein Buch gefällt oder eben nicht. Dieses intensive Nachdenken darüber, was in einem Buch gut funktioniert oder nicht hat mich zu einigen Erkenntnissen gebracht, die ich in mein eigenes Schreiben mitnehmen konnte. Und besonders das professionelle Feedback meiner Redaktionskollegen zu meinen ersten Rezensionen bei Literatopia war unglaublich hilfreich. So habe ich z.B. meine Schachtelsätze ein wenig in den Griff bekommen.
Es gab aber auch einen starken umgekehrten Effekt: Mein Schreiben hat mich zu einer besseren Leserin gemacht. Wenn ich nun ein gutes Buch lese, kann ich mich in die Geschichte vertiefen und mit den Figuren mitfiebern und gleichzeitig bewundern, wie der Autor die Handlung konstruiert und genau die richtigen Worte gewählt hat.