Andreas Klaene: worauf man beim Schreiben achten soll

Andreas Klaene Interview 3

Andreas Klaene ist nicht nur Autor von dem spannenden Buch „Till Türmer und die Angst vor dem Tod“, sondern arbeitet als Journalist und hält Schreibseminare an der Uni Klagenfurt. Worauf man seiner Meinung nach beim Schreiben besonders achten soll und warum er sein Buch im Self-Publishing herausgebracht hat, verrät er uns heute im Interview.

Dein drittes Buch „Till Türmer und die Angst vor dem Tod“ ist erst kürzlich bei neobooks erschienen, und schon kann man dir zu einem Platz in unseren April-Favoriten gratulieren. Was hat dich dazu bewogen, den Sprung hin zum Self-Publishing über neobooks zu wagen?

Till TürmerTja, um ein Haar hätte ich eure Mail mit der Nachricht, dass meine Geschichte zu den April-Favoriten gehört, im Papierkorb verschwinden lassen. In der ersten Sekunde hielt ich sie nämlich für Werbung und in der zweiten für einen vorgezogenen Aprilscherz. Schließlich kam eure Mail am 31. März bei mir an. Als ich dann kapiert hatte, was Sache war, war natürlich Freude da und außerdem die Ahnung, dass es wohl doch gar nicht so verkehrt war, meine Geschichte auf eigene Faust bei neobooks zu veröffentlichen.

Was mich gereizt hatte, das zu tun, war einerseits meine Freiheit. Nach der ganzen Arbeit des Lektorierens fand ich es verlockend, die Geschichte veröffentlichen zu können, ohne sie in die geistige Form eines Verlages pressen zu müssen. Das wäre zwar nicht zwangsläufig verlangt worden, war aber bei einem Thema, das nicht so sehr dem Mainstream entspricht, doch irgendwie zu befürchten. Außerdem fand ich es schon sehr beruhigend, dass keiner da war, der an meinem Cover rütteln konnte.

Was ich an neobooks ebenfalls reizvoll finde, ist, dass ihr jedem neuen Buch eine Bühne verschafft. Okay, auf der kann keine Geschichte automatisch zum Star werden, aber immerhin wird es zu einem Darsteller, der von vielen Zuschauern gesehen wird – und das in einem ziemlich attraktiven Rampenlicht.

Die Hauptfigur deines Romans, Till, ist wie du Journalist. Erkennst du Charakterzüge von ihm in dir wieder?

Ich habe, ebenso wie Till, eine Menge übrig für die Weite Ostfrieslands, und den Tod finde auch ich sehr wenig anziehend. Ansonsten habe ich mir einen Till, eine Sarah, einen Jupp und so weiter frei zusammengebaut. Ich habe so lange daran gebastelt, bis Figuren fertig waren, die in meine geplante Romanwelt passten. Till wäre nie auf den Gedanken gekommen, eine Geschichte wie diese zu schreiben. Als guter Journalist hätte er gewusst, dass er dafür auch Bestattern über die  Schulter gucken muss, aber das hätte der sich nicht angetan.Andreas Klaene Interview 2

Und genau das, Typen mit ihren glänzenden Seiten, Macken und Ungereimtheiten frei zu erfinden, das ist für mich das Schöne an der Romanschreiberei. Als Journalist darf ich das ja nie. Da begegne ich Menschen, die ich mir nicht einfach zurechtformen kann, damit sie in meinen Bericht oder meine Reportage passen. Die muss ich behandeln wie kostbare Originale. Und das ist auch gut so. Aber einen Romanmenschen zu machen, das hat schon fast was Göttliches.

Für deinen Roman hast du ausführliche Recherche betrieben und mit verschiedenen Fachleuten geredet. Fakten, Fakten, Fakten, sozusagen. Aber kann sich der Journalist in dir auch für „fantastische“ Geschichten begeistern? Was liest du selbst in deiner Freizeit am liebsten?

Wenn ich nicht beruflich lese, vorwiegend Romane. In vielen ist es so, dass ihre Charaktere mich packen. Sie schaffen es, mich in gedankliche Welten zu ziehen, in die ich vielleicht nie wollte, die aber gut für mich sind. Als Schreibender kann ich mir gar nicht vorstellen, keine Romane zu lesen. Meine Sicht auf die Welt wäre farbenarm, meine Sprache würde vertrocknen. Ich sage mir: Ein Roman ist wie ein Haus. Jedes hat seinen eigenen Duft. Lesend betreten wir es, erschließen uns Zimmer für Zimmer, nisten uns darin ein, leben mit seinen Bewohnern, denken uns in sie hinein, arrangieren uns mit ihnen, ziehen uns zurück, atmen den Duft häuslicher Geschichte, öffnen irgendwann die Fenster, blicken hinaus und sehen die Welt. Und hätten wir dieses Haus nicht betreten, sähe sie anders aus, diese Welt.

Und wenn du nicht gerade schreibst oder liest? Hast du besondere Hobbys oder Interessen, die dich jenseits der Textwelt beschäftigen?Andreas Klaene Interview

Klar. Wenn ich mal schreibend nicht weiterkomme, brauche ich mich nur auf mein Rennrad zu setzen. Was sich oben im Kopf festgesetzt hat, scheine ich dann unten auf den Pedalen irgendwie loszutreten. Und wenn ich genügend Fahrtwind habe, wehen mir meistens auch ganz neue Ideen ins Gehirn.

Du bist Dozent für Schreibseminare an der Uni Klagenfurt. Da kannst du unseren Autoren doch sicher noch ein paar hilfreiche Handwerkstipps mitgeben: Worauf sollte man beim Schreiben deiner Meinung nach besonders achten?

Schreibseminare an der Uni, das klingt schon fast professoral, ist es aber nicht. Ich trete dort vor Alumni-Clubs als ganz normaler Journalist auf. Dort und anderswo. Die meisten meiner Seminarteilnehmer sind verblüfft, wenn ich loslege. Viele erwarten, dass ich ihnen Werkzeuge auf den Tisch lege, mit denen sie in kurzer Zeit ihr Schreiben optimieren können. Aber zu Beginn geht es mir vor allem darum, den Blick der Schreibenden für ihre jeweiligen Zielgruppen zu schärfen. Denn gut ist ein Text dann, wenn er ankommt. Da gutes Schreiben nie nur lustvoll, sondern auch zeitaufwändig und anstrengend ist, sollte sich der Einsatz lohnen. Das heißt, die, für die wir schreiben, sollten möglichst verschlingen, was wir geschrieben haben.

Kaum einer wird es schaffen, sämtliche Facetten seiner Zielgruppe klar zu definieren, aber das ist auch nicht nötig. Dennoch sollten wir versuchen, uns ein Bild von unseren Lesern zu malen. Denn was wir zu erzählen haben, sagen wir einem Finanzbeamten anders als einem Cellisten, einem 16-Jährigen mit anderen Worten als einem 70-Jährigen, und Frauen anders als Männern.

Sich mit seinen Zielgruppen zu beschäftigen, kann richtig Spaß machen. Und letztlich ist es gar nicht so ungeheuer wichtig, sie hundertprozentig richtig zu definieren. Allein das Gefühl zu haben, sie recht gut zu kennen, gibt uns Sicherheit beim Schreiben. Denn wir spüren, mit welchen Gedanken und Worten wir jemanden anziehen beziehungsweise vertreiben können.

Andreas KlaeneAndreas Klaene, geboren 1956 in Cloppenburg, ist seit 1986 als Redakteur bei verschiedenen Verlagen tätig. Seit 2002 arbeitet er als freier Journalist, Texter und Autor, Dozent an der Frauen-Fachakademie Schloss Mondsee (Österreich), Dozent für Schreibseminare der Alumni-Clubs an der Universität Klagenfurt, an der Fachhochschule Salzburg und in Unternehmen. Bisher erschienene Bücher: Verborgene Blicke (2004), Totgeliebt (2007), Till Türmer und die Angst vor dem Tod (2016).


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